Donnerstag, 30. September 2010

peoplewatching #4: Der Engel mit der Axt

Beobachtung:

Mein Blick ist aus der Bahn gerichtet auf den - normal für einen Sonntagnachmittag - normal verschlafenen Gehweg in der City.
Ein Bilderbuch-Obdachloser steht vor einem Schaufenster. Er trägt grünen Parka, einen kleinen Bauch und grauen Urwald aus langen Haaren und zotteligem Bart. Hinter ihm deponiert, stehen offensichtlich seine 'Aldi'- und irgendeine andere Tüte. Und jetzt wird es einigermaßen bemerkenswert.
Das Schaufenster vor dem er steht, gehört einem Berufsbekleidungsgeschäft. Die Auslage die er näher betrachtet ist die eines Zimmermannes. (Hallo Jesus?) Der Bärtige schaut sich die Auslage nicht nur an, er fotografiert sie. Mit einer dieser nagelneuen Kameras zwischen Spiegelreflex digital und Compactcam.
Die Bahn fährt wieder an.

Es hat mich so sehr in meinem Hintern gejuckt, aus der Bahn  zu springen und mit ihm zu reden.
Ich hatte gleich mehrere Gedanken, die mir Anstöße zu kleinen Episodengeschichten gegeben haben. Freue mich schon auf einen Nachmittag, an dem ich Zeit habe, die Gedanken zu formulieren...

Von wegen Götterbote

Sei einem gefühlten Jahrhundert war ich nicht mehr in der Lage mal so richtig ausgiebig zu shoppen.
Obwohl, so stimmt das gar nicht.
Der Sommer war einfach nur der Knaller. Die Klamotten haben vollkommen gereicht, ein paar Kleinigkeiten konnten vom letzten Jahr verbraten werden, manches kam dazu.
Bei der Hitze des Sommers 2010 hat auch einfach alles gepunktet, was möglichst wenig war. Jetzt ist der September rum.
Ich habe also eigentlich nur ein Jahr nicht richtig Herbst-geshoppt.
Vor kurzem habe ich dazu noch meinen Kleiderschrank radikal entmistet und ich stehe vor dem Problem, total angödet von seinem jetzigen Inhalt zu sein.
Alles was halbwegs vor der Kälte schützt, sind die Pullis, bei denen das Motto 'form follows function' heißt. Alles was ich anziehen mag, ist zu kalt.
Und an vielem davon hab ich mich schlicht sattgesehen.
Ich bin sicherlich nicht das größte Modeopfer was auf diesen Pfaden wandelt. Aber Klamotten machen mir Spaß und ich fühle mich wohler, wenn ich nach Laune Stimmungen anziehen und diese damit ausdrücken kann. Also ergibt sich das Dilemma, was wohl jeder ab und zu kennt:
'Ein ganzer Kleiderschrank voll nix zum Anziehen'.

Weil ich dem schnell Abhilfe schaffen wollte und ein Shoppingbummel erst im Oktober vorgesehen ist, habe ich also zwecks Abwendung einer riesigen Frustfront (die gab es schon, aber ich meine eine richtig schlimme:die Frust-Front am Wochenende) ein paar Dinge bestellt.
Geht ja schwuppdiwupp heute.
Denkste.
Wegen meiner Alkoholiker Tastatur (hat zu tief ins Weinglas geschaut), streiken die Tasten im oberen Bereich.
Und dabei ist mir entgangen, dass im Bestellformular die Hausnummer fehlt. Die HAUSNUMMER!
Also ging der ganze Kladderadatsch wieder zurück in die Hauptumschlagbasis.
Habe ich nach einigen Telefonaten rausgefunden. Gott sei Dank früh genug, sonst hätte das auch noch extra gekostet.
Das ganze  hier ist bloß Ablenkung. Geduld ist nämlich absolut nicht meine Stärke. Erst recht nicht bei solchem Dilettantismus und wenn ich mich auf etwas richtig freue. Zumeist bremse ich meine Euphorie zu schönen Dingen meist schon, á la 'irgendwas geht bestimmt schief/klappt nicht pünktlich'. Ausnahmsweise nicht in diesem Fall - Fehler.

Hausnummer....tz. Schon mal was von Nachbarschaft gehört? Einmal klingeln in der Straße hätte gereicht und eine Menge Energie gespart.

Aaaaalso, naja. Vorfreude soll ja die schönste Freude sein. Und Warterei regt Kreativität an. Um nicht die Krise zu kriegen hieß es also: 1000x getragene Klamotten anders kombinieren, um sich nicht selbst zu langweilen.
Und es ist ja fast Oktober, dann kann auch gebummelt werden:)


Mittwoch, 29. September 2010

Nostalgie

Neulich ging ich durch die Waterfront-H&M Kinderabteilung und traute meinen Augen kaum: da prangte ein Bild auf einem Shirt, dass ich zwar nicht direkt einordnen konnte, aber ein wohlig heimeliges Gefühl auslöste. Leider war es das letzte Exemplar und in Größe 146, das hätte nicht gepasst. Meine Mutter konnte mir nach eingehender Beschreibung helfen.
"Kleines Mädchen mit zu großen Klamotten in Laura-Ashley-Optik und Hütchen Mützchen auf." Das sei bestimmt ein Motiv von Sarah Key ('KÄY' gesprochen, nicht wie Schlüssel?)gewesen, klärte sie mich auf.
Ich hatte wohl Bücher und eine Nachttischlampe davon...
Hm, es ist wirklich kitschig - aber gefällt mir:), auf jeden Fall sehr viel mehr als 'Hello Kitty.' Mache mich jetzt auf die Suche und schaue, ob ich davon ein bisschen Gimmick finden kann...





Montag, 27. September 2010

peoplewatching #3: Stellerchen

Strumpfhose und Wollsocken an, Schal und Mantel umgeschnallt, Kapuze auf dem Kopf und Musikknöpfchen im Ohr: 
so ausstaffiert trotze ich dem kalten und nassen End-September-Wetter, dass ich sowieso ganz wundervoll finde. Tori Amos zwitschert mir ins Ohr, während ich über Kies und das erste Herbstlaub knistere.

Ich muss mich wie immer daran erinnern, dass mich die Menschen um mich herum sehr wohl hören können, wenn ich wegen des MP3-Players noch tauber als sonst, lauthals mitsinge. Das funktioniert nicht mehr so wie früher, als man sich einfach die Hände vor die Augen hielt, wenn man für die Welt unsichtbar sein wollte. Sehe ich dich nicht, siehst du mich nicht.
Es könnte zwar auch irgendwie ganz putzig und herzallerliebst sein, wenn eine Mittzwanzigerin (bin ich das noch?) selbstvergessen in der Bahn losposaunt. Nicht aber bei mir...dazu singe ich zu schräg. Leider.

Tori´s sphärisch bodenständige Musik hat mir schon oft meinen Tag gerettet und mich durch die Stimmungen getragen. Ich bin wirklich glücklich, dass ich sie als Souvenir aus meiner bisher längsten Beziehung mitnehmen durfte.

Sie ist eine der schöneren Überlebenden, wenn nicht die wertvollste, die aus Männergeschichten entstanden sind, mir ans Herz gelegt oder vorgestellt wurden und mich viel länger als die Bettwärme der verflossenen Liebschaft begleiten durfte.

Die meisten Überlebenden sind Fressalien. Seitdem ich das erste Mal verliebt war zum Beispiel, finde ich Senf auf Käse supergeil. Und obwohl ich nicht so die Süßigkeiten-Addict bin, darf´s seitdem nach dem Essen auch gerne mal Schoki sein.
Das war mehr als ein Jahr Pflicht bei meiner Big Love No.1. Ein paar Kilos zuviel zählten dadurch auch zu den mitgenommenen Hinstellerchen, die gute 3 Jahre brauchten, ehe sie sich verstaubt wieder verabschiedet haben.
Nach einer darauf folgenden eher frustrierenden Affäre, konnte ich meine heißgeliebte Jasmin Tabatabai Scheibe lange Zeit in die Ecke pfeffern. Auf langen Wegen mit dem Überlandbus in die Pampa, habe ich die rauf und runter  gehört. Als es mit Mr. 20 cm dann nach ein paar Wochen aus war, hat mir die Musik nur noch schlechte Laune gemacht.
Kakao zum Frühstück hat nicht lange angedauert, dafür habe ich als Stalking Opfer zunächst bei jedem anfahrenden rote Kadett einen Sprung in die Büsche gemacht und schließlich die Stadt verlassen.

Parallel zur längsten Liebe überdauern auch die Souvenirs daraus nachhaltig. Hier wurde ich mit Kaffee angefixt. Und ich meine Kaffee, und keinen Latte-DoubleChoc-Caramel-Mintflavoured Kram. Den mag ich ab und zu zwar auch, aber ohne Kaffee geht gar nichts mehr. Ich kriege ohne die alltägliche Koffeindosis Kopfschmerzen, schlechte Laune und die Klütschen gar nicht erst richtig auf.
Und nach durchknutschten Nächten im Auto mit ziemlich passender musikalischer Untermalung gehört die Amos eben zu meinen Lieblingen. Dafür bin ich wirklich dankbar.
Zum Ende dieser Liebe verlor ich dann auch endlich die überschüssigen und noch ein Paar mehr Pfunde.

Als Single pflegt man dann ja mehr seine eigenen Marotten.
Ob dann aber 100jährige Beziehungen gleichbedeutend mit Stillstand, da keine neuen Stellerchen mehr auf dem Weg ins Regal sind, gilt es noch rauszufinden und ist letztendlich ja auch jedem selbst überlassen und beeinflussbar....

....denke ich mir so und trete wieder hinaus auf die herrlich verregnete und graue Straße.

Montag, 20. September 2010

'some things cost more than you just realize'

Alte Liebe rostet nicht.





Mein Lieblingsshirt als ich 14 war. Wiedergefunden, weitergeliebt.

Das Glühen nach dem Glühen

Sie schwammen gerade in dieser schönen Stimmung, in der Urlaubslaune und sonnenbedingte Hypersensibilität auf das Einsetzen der Wirkung von Bier, Wodka und Süßkram trifft. Genau der Punkt, an dem die Gesichter sich entspannen, alles sorgenfrei ist. Aber noch kurz bevor sich die sommerleichte Laune in ein Betäubnis verabschiedet.

Es war der Zeitpunkt, an dem die Lichter weich leuchten, man in der Ferne Bässe und einen Klangteppich aus Partylauten wie einlullende Walgesänge wahrnimmt und alles einfach nur herzig anmutet.
Die Diskussionen um die Frühstückszeit, das Gezicke der bepaarten Mädels wegen zuviel Alkohols und Sex und der Neid der unbepaarten Mädels, wegen viel zu wenig dessen, war vergessen und sollte in der folgende Nacht nur noch ausgetanzt werden.

Das Haus, welches für diesen weiteren „Urlaub des Jahrhunderts“ gemietet wurde befand sich  in einem heruntergekommenen ungarischen Wohngebiet. Die Vermieter wohnten derzeit im Schuppen. Der Weg zu See und Zentrum war weit.

Die Traube entzerrte sich Konversations- und Promillebedingt auf dem Weg zur Partymeile. Über einen guten Kilometer reihten sich Tanzflächen, Bars und Rummachecken direkt am Ufer des Balatons, in einem Paradies für alle Party- und Grabbelwütigen, aneinander.

Einige billige Plattensee-Wodkas wurden mal mit dem einen mal, mit den anderen geschluckt. Jeder suchte sich für diese Nacht der Nächte seinen Himmel um ausgelassen zu sein. Wer Glück hatte, rieb sich mit einem oder einer hübsch zu Ville und Natalia aneinander und über´s Parkett. Wer Pech hatte, dem blieb der Po im Schoß eines Pottschnittträgers stecken und spürte wie heiß der „Candyman“ das fand. Und wer Pech-Pech hatte, dem blieb noch eine der Singlefreundinnen des Urlaubs, mit der man wettbewerbstüchtig auch mal züngeln konnte.

Gegen 3.00 Uhr morgens leerten sich die Ränge, man hielt sich aneinander fest, wie Freunde das eben tun, um den Weg nach Haus nicht allein zu erstolpern.

Weit am Ende des Feierstrandes saß das Mädchen an einer Bar. Ob sie noch was trinken wolle, fragt ihr Kumpel. Der Schönste. Der Schönste von allen. Nee, lieber was essen, antwortete das Mädchen.
Okay, dann lass uns etwas suchen, meinte der schöne Junge.
Vorbei an kaputten Flaschen und Menschen, mitgeschleppten Klopapierfetzen und vergessenen Unterhosen liefen die beiden am Strand entlang. Barfuß in einer warmen Nacht mit heißen Pommes in der Hand. Die Sterne spiegelten sich im Balaton und Erschöpfung im Herzen.
Wie Freunde sich so kennen, genügten wenige Worte. Wie das in einer beschwipsten Nacht so ist, hielten sie sich aneinander fest. Auf einer Treppe standen sie sich gegenüber. Das Mädchen lachte, der schöne Junge hielt sich auch mit der zweiten Hand fest. Ein kleines Gerangel. Ein bisschen Gekuschel. Ich bin so müde, sprach das Mädchen und legte ihren Kopf in seine Schulterkuhle.

Als würde die Nacht Musik spielen, wiegten sich der Junge und das Mädchen im Takt. Ihre Hände verließen sich und wechselten in eine Umarmung, so kann man sich ja auch viel besser festhalten. Das Ziel wechselte mit der Atmung, der unmissverständliche Startschuss für das weiterführende Drehbuch.
Der Junge war hin- und hergerissen zwischen Gier und Zuneigung. Seine Küsse zehrten nach mehr, er trug das Herz auf der Zunge.
Das Mädchen spürte jede einzelne Sommersprosse in ihrem Gesicht glühen.
Es wurde gegeben, was fehlte und es wurde genommen, was verloren war.
Der schöne Junge und das Mädchen hielten sich aneinander fest.

Er setzte sich nieder auf den Treppenabsatz. Sie saß davor, lehnte sich zurück und beide lächelten sich über ihre Schulter sehr zufrieden, etwas verschämt an.

Der Himmel färbte sich rosa, es wurde Zeit, zu gehen.

War haben wir da denn gemacht, fragte der Junge. Wo kam das denn her, fragte er.
Es war einfach gut so, meinte das Mädchen. Dir geht es jetzt gut, mir geht es jetzt gut, heute Nacht. Freunde dürfen doch machen, dass es gut ist.



Freitag, 17. September 2010

peoplewatching #2B : Blumen aus Thüringen, Teil I








Es begab sich zu einer Zeit, da war ich wieder zurück in meiner Heimatstadt. Hier hatte ich nach ein paar Wochen genug vom Nebenbei-Kellnern im Asi-Eiscafè und suchte mir eine andere Stelle in einem hübschen, neuen, wahrscheinlich von irgendeiner unterirdischen und undurchsichtigen Organisation, gedopten Restaurant.


Manchmal hat man da Glück und neben ekligen Stammgästen, die jeden Nachmittag auf ein Bier vorbeischauen und außer einem vollgeschissenen Klo nicht viel Eindruck hinterlassen, darf man auch mal einer Sahneschnitte seine "Penne Lauch" bringen.

Von der Theke aus konnte ich bereits einige Wochen jemanden beobachten, der regelmäßig kam und sich durch die Speisekarte futterte. Meine Kollegin machte mich auch auf ihn aufmerksam, er hatte des Öfteren mal rübergeschaut und machte ganz offenbar einen Single – Eindruck. Allerdings nicht auf diese verträumte Art & Weise, mit der ein geheimnisvoller Mann mit Notizblock unter dem Arm eine gewisse Anziehungskraft ausüben  kann. Er hatte in seinem teuren Anzug und mit der Kastenbrille er die Aura eines Patrick Bateman.

Wenn ich jetzt noch mal so drüber nachdenke, war es eigentlich total lebensmüde, welche Rolle ich im weiteren Verlauf der Story spielte. Da kann man mal sehen, in was für gefährliche Situationen sich so manche Singlefrau begibt, nur um den eventuellen Heiligen Gral nicht aufgrund unbedeutender Kleinigkeiten, wie etwa hässlichen Ohren oder einer zu hohen Leberfleck-Frequenz nicht vorbeiziehen zu lassen....brrrrr....gruselig.
Es kam also, wie es kommen musste. Meine werte Kollegin überließ mir den Tisch mit dem unheimlichen Brillenträger und wir flirteten im Laufe einiger Abende sehr oberflächlich und sehr unbedeutend. Eben eher so auf Kellnerinnenniveau.

An einem dieser Abende war ich mit Bateman etwas im Gespräch vertieft, als er plötzlich persönlich wurde.

„Das klingt jetzt vielleicht etwas komisch, aber ich wollte Sie etwas fragen....“,

 sprach er. Mittlerweile wusste ich, dass er beruflich neu in der Stadt und außer Arbeitskollegen – die meisten schon mit Familie und daher nicht sehr interessiert an weiterem Freizeit-Kontakt mit einem Endzwanziger – ohne viel Kontakte war. 
Nun sei es so, fuhr er fort, dass ein Arbeitskollege demnächst heirate, er eine +1 Einladung habe und auch nur sehr ungern allein zu diesem Fest gehen würde. Ob ich ihn nicht vielleicht zu der Hochzeit begleiten wolle?

Oh je.....

Das brachte mich irgendwie in Schwulitäten
Ich wusste bereits, dass ich Mister American Psycho auf keinen Fall im erotischen Zusammenhang daten wollen würde. Andererseits, würde es auch unangenehm sein, abzulehnen. Zumal ich ja wusste, dass die arme Wurst total allein hier war und ich ihm auch nach einer Absage weiterhin sein Steak bringen würde müssen...
Und letztendlich bin ich schon immer so dankbar, wenn ein Mann an mir Interesse zeigt, dass ich seit jeher aufpassen muss, ob ich selbst auf die Idee kam den Herren anbetungswürdig zu finden oder aber nur aufgrund der Zuneigung meines Gegenüber aus lauter Dankbarkeit, dahinschmelze....

Ich erbat mir etwas Bedenkzeit („Da muss ich erst in meinen Kalender schauen...“), sagte am Ende aber doch zu. Nahm es als Übung für mein noch immer hin und wieder auftretendes Problem mit unbekannten Situationen. Vielleicht würde es ja auch total witzig werden und außerdem, sagt man nicht immer, auf Hochzeiten lernt man am Schnellsten Männer kennen? Das wäre zwar wiederum mehr als unhöflich meinem kleinen Psychopathen gegenüber....aber immerhin sollte für mich ja auch etwas dabei rausspringen...

Ob ich keine Angst hatte, als Fall bei Akte XY  "Grausiger Fund:abgetrennte  Damenextremitäten in Gefriertruhe entdeckt "  zu enden? Naja, man kann ja auch nicht in jeder alleinstehenden Person eine tatsächliche und nicht nur zusammen gesponnene Gefahr sehen. Dann enden wir ja alle einsam.

Um sich vorher etwas besser kennenzulernen, schlug er vor, wir könnten ja mal gemeinsam was trinken gehen. Na gut, also...stürzte ich mich ein kleines Abenteuer...

Fortsetzung in Teil II...

peoplewatching #2A : Blumen aus Thüringen, Teil II











Gentlemanlike, wie Psychopathen üblicherweise sind, holte mich der Gute eine Woche später ab. Vorausschauend wie ich es bin, wartete ich natürlich nicht zu Hause, sondern an einem anderen Ort. Mindestens drei Personen wussten, wo ich mich aufhielt und mit meiner Freundin waren Kontrollanrufe vereinbart.

Herr Bateman aus Thüringen fuhr einen dicken schwarzen BMW. Mit Sitzheizung. Iiih. Männer mit dicken Autos üben auf mich ja seit jeher viel weniger Attraktivität aus, als Männer in abgewetzten Kadetts, muss ich dazu sagen. Liegt vielleicht an meiner ersten großen Liebe, dessen matschgrauer (das Fabrikat habe ich vergessen) Wagen seine besten Jahre schon hinter sich hatte und in dem wir, mit der Hitze unseres jugendlichen Atems, unsere eigene Lüftung waren. Und das war total egal, schließlich war man fast schon verliebt.

Ich wurde also abgeholt, mit pipiwarmer Sitzheizung und heller Lederausstattung beeindruckt und wir fuhren zunächst für Bier, Salat und Pasta und später dann Kaffee an die Weser .
Die Alarmglocke schrillten wieder...Der Herr fragte, was ich denn gewählt habe und bestellte beim Kellner für mich mit!!!!
War vielleicht Oldschool-höflich gemeint, ich fühlte mich aber wie Barbie im Elektrofachhandel. Und die Schiene wurde weitergeführt .
Volle Kanone Jacke abnehmen, Stuhl zurechtrücken, Tür aufhalten, gepflegte Konversation und und und.
Ich steht zwar schon drauf, wenn Männer mit Gabel und Messer umzugehen wissen, aber in diesem Falle war all das, in Kombination mit seinem unterschwelligen Thüringer-Akzent, einfach nur zuviel und brechreizauslösend.

Und dann wurde mir inmitten seines Monologs und meines regelmäßigen Kopfnickens und sinnvoll eingestreuten „Mhmh..mhmh..“ Feedbacks schlagartig bewusst: ich habe es mit dem heutigen Tag ja gar nicht überstanden! FUCKING SHIT, da war ja noch was!
Tja, und da er wusste wo er mich finden kann, wann ich mich nach Ladenschluss allein auf den düsteren Heimweg begebe und ich es einfach nicht über´s Herz bringen konnte, mit irgendeiner fadenscheinigen Ausrede abzusagen...ging es tatsächlich noch zu einer typisch deutschen Hochzeit in einem typisch dorfigen Landgasthaus. Keine Möglichkeit zur realistischen Flucht auf viel zu hohen, viel zu unbequemen Schuhen.

Wieder zwei Wochen später wurde ich im einnässungsangstauslösenden Wagen abgeholt und bekam einen kleinen Strauß Blumen in die Hand  und ein Kompliment, ob meiner Erscheinung auf die Ohren gedrückt. Ich wollte weinen....
Wie lange konnte das dauern? Eine Stunde Fahrt, Begrüßung und Gratulation an das unbekannte Brautpaar, diverse Ansprachen und Spielchen.
Vorspeise, Hauptgericht, Nachtisch, Kaffee und dann noch ein bisschen....oh scheiße.
Mir brach der kalte Schweiß aus.
Ich vergaß...das Tanzen. Verdammt. Ich kann doch gar nicht tanzen!!! Okay, ein paar Jahre klassisches Ballett, viele viele Jahre tänzerisch-kompositorischer Leistungssport, Arschwackelei zu Shakira und mehr....das geht klar. Aber nie nicht habe ich einen Tanzkurs gemacht.
Mit meiner bereits erwähnten ersten großen Liebe, bezeichnenderweise lernten wir uns bei einer Hochzeit kennen – Ha.Ha. – brachte ich die Schmach damals mit zwei Schritten rechts, zwei Schritten links einigermaßen unpeinlich über die Bühne. Aber wir mochten uns ja auch.

Tja, ich kam nicht drumherum. Und wie ich so ein Hochzeits-Gediscofoxe hasse. Ich bekomme da wirklich Zustände. Musik und Tanzen ist für mich ein künstlerisch, emotionaler Ausdruck und dieses steife im-Kreise-drehen ist mir einfach so was von zu Wider.
Um es auf den Punkt zu bringen: es war einfach ein schrecklicher Abend. Ganz furchtbar. Warum ich mir so was antue? Einige Freundinnen sagen mir heute, ich sei immer noch solo, weil ich viel zu früh K.O. Kriterien ansetze und nicht „offen“ genug sei. Aber ich finde, ich habe mir diese Haltung mit einer Reihe furchtbarer Verabredungen auch verdient.

Ich muss das Gespräch aufrechterhalten? Es gibt einfach keine intelligenten Konter?
(Selbst-)Ironie und Sarkasmus ist ein Fremdwort? Er hört sich zu gern selbst reden? Die Ohren sehen besorgniserregend aus? Informatiker oder Saunafachverkäufer? EQ und Empathie nicht vorhanden? „Becks Lemon“ Trinker? Bei 6 von 10 Punkten kann man“trifft zu“ ankreuzen? Nein danke, „Wir machen heute Mädelsabend“.

All das ist einfach nur nach zu vielen schlechten Dates ausgetüftelt. Alles andere wäre Zeitverschwendung.

Das alles ist natürlich erstmal schnurps, wenn man einfach direkt einen Draht zueinander findet, das ist ja klar... So ist es ja nun nicht, dass ich da erst mal eine Liste abarbeite.
Aber bitte.
Habe ich erwähnt, dass Mister Patrick Bateman eine Leidenschaft für Roséwein hegte?  Nein? Also wirklich, ein Mann der öffentlich Roséwein trinkt und das auch noch geil findet. 


In der tiefen norddeutsche Pampa drückte ich eine Gabel Kaisergemüse in Hollandaise am Klo in meinem Hals vorbei....
  

Donnerstag, 16. September 2010

Bastelstunde

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Mir blieb die Spucke weg...Ich durfte beobachten, wie mein Vater ein „Dokument“ für die Arbeit vorbereitete. Ihm sind die Vorlagen für die Arbeitspläne ausgegangen. Zunächst dachte ich, der Drucker würde Faxen machen und um Tinte zu sparen – das sähe ihm ähnlich – schnippelt er etwas an seinem Werk herum, um zwei missratene Drucke zu einem gelungenen zusammen zu kleistern. In anderen Familien wäre das schon Grund, laut los zu schreien. 
Nicht bei uns, das wäre noch im Rahmen des alltäglichen Wahnsinns.

Nein, es war noch viel erstaunlicher. Da er seinen letzten PC-Kurs in elektronischen Jahren gerechnet ca. 400 n. Christi Geburt besuchte und sich sein Umgang mit dem Computer auf ein bisschen Ebay Geklicke beschränkt (nicht, dass er dort wirklich aktiv wäre, mein Vater hat noch nichtmal eine eigene Emailadresse...), sah er sich ganz offensichtlich nicht im Stande, eine dieser Tabellen nachzuproduzieren.

Also durfte ich Zeuge werden, wie er auf einem anderen Blatt Papier die Teile alter Tabellen zusammenklebte, die noch ungenutzt waren und die er vorher fein säuberlich ausgeschnippelt hatte... Jetzt darf man sich vorstellen, wie meine Kinnlade runterklappt. Dieses Kunstwerk jagte er dann durch den Kopierer.

Das muss wahnsinnig lange gedauert haben und ich wollte ihm die Früchte seiner mühseligen Arbeit nicht madig machen – habe ihm dann aber trotzdem angeboten, für ihn solch einen Plan zu tippen und auf dem Desktop des elterlichen Rechners abzulegen.

Weiß wirklich nicht, ob ich das jetzt traurig oder putzig finden soll...

Mittwoch, 15. September 2010

"Du bist einfach anspruchsvoll!"






So ein ausgemachter Bockmist. Ich meine, natürlich hat man Ansprüche an den, der es sein soll... 
Der soll mir ja gefallen, ich will mich gern in seine atemberaubend schnuppernde, unwiderstehliche Halskuhle kuscheln wollen. Und allein dabei will ich, dass mir ein kleine Luftballon im Bauch platzt.  Und das funktioniert - hat man sich nicht in jemanden verknallt, den man schon seit Jahren kennt und den deswegen so oder so schon seine Person irgendwie sexy machen kann – eben nur, wenn mann gut riecht und ich ihn heiß finde.

Eine Unterhaltung soll ein Geben und Nehmen sein, ein Foppen mit guten Kontern, durchaus mal geistreich ohne Bodenhaftung zu verlieren und eindeutige Zweideutigkeiten originell zurückgeworfen werden können. Das scheint so oft schon zuviel verlangt zu sein. Und macht den meisten Erstkontakten schon nach spätestens zwei Minuten den Garaus.

Dummwitziges Herumphilosphieren mit mehr oder weniger Sinn wäre auch mal super. Zuhören können wäre auch nicht schlecht, angemessen von sich selbst preisgeben aber auch. Sportlich soll er sein – am besten Teamsport, nicht dieser Fitnessquatsch. Das ist eine Theorie von mir, die einem Teamsportler zumindest zunächst mehr soziale Kompetenz zuspricht, als einem einsamen, isotonische Getränke schlürfenden Handtuchaufleger. 

Aber all das ist ja ein höchst individuelles Empfinden. Und ganz ehrlich, wenn es "BAM" macht, dann sind Grundsätze wichtig, Kleinigkeiten aber doch eher nicht... 

Also diese ganze "Zu hohe Ansprüche haben" - Mühle ist dementsprechend doch Quatsch. Solche grundlegenden, aber eben höchst verschiedenen "Ansprüche" haben wir doch alle. Ich kann diesen Satz jedenfalls nicht mehr hören. 

Und wenn schon, ist es nicht immer noch besser, als gar keine Ansrpche zu haben?
Eine der Frauen zu sein, wie eine aktuelle Studie besagt (wenn ich sie nur finden würde, dann wäre sie verlinkt...), die in erster Linie überhaupt eine Beziehung haben wollen und erst in zweiter Linie eine Gute...och nö, da krieg ich Zustände....
 
 

Dienstag, 14. September 2010

peoplewatching #1 : Where´s your hair, bro´?

Da gebe ich mich schon zufrieden, mit dem hässlichsten der Kerletruppe zu reden – nett, oder interessant, können ja oder auch gerade die sein – und dann entpuppt sich Mister per SMS „Bist du eigentlich in Community XY“ auch noch als ein Exemplar der unheimlichen Sorte.


Dabei muss ich ihm ja zu Gute halten, dass er anfangs gar nicht unbedingt „hässlich“ war, seine Kumpels waren einfach nur hübscher. Aber eben auch mehr an meinen Freundinnen interessiert. Als Übriggebliebene – bezeichnenderweise waren wir auch die einzigen Singles der Runde – kamen wir dann notgedrungen ins Gespräch. Ging dann aber auch so in Ordnung.


Doch dann: die Horde folgte uns, wahrscheinlich in der stillen Hoffnung auf ein späteres Aneinanderreiben, vom Pub / Ort des Kennenlernens in den Tanzschuppen, wo besagter Mister seine Mütze abnehmen musste – weil heiß und so.


Nicht so schlimm, als hätte er seine Hose ausgezogen, um in Shorts zu tanzen - doch gibt es da die Mützensache.


Die Mützensache bei Kerlen, verhält sich zumeist in etwa so zur haarigen Realität, wie der gepolsterte Push-Up BH zur Uschi-Normalverbraucher Titte.
Sieht manch ein Typi also zunächst, nicht selten erst recht wegen etwaigen Kopfbedeckungen, wahlweise umwerfend verrucht, dandymäßig geheimnisvoll oder kreativ verknuddelt aus und setzt das Teil dann ab...Uuuh.
Ohne Wollstricknüsschenwärmer bleibt von Dandy-Andy meist doch nur Elektronikfachverkäufer Stefan M. (oder in diesem speziellen Fall: Saunafachverkäufer, gibt es anscheinend tatsächlich und ist sicherlich so spannend wie es klingt). Dieser kommt dann im Komplettpaket mit fliehendem Haaransatz, im schlimmsten Falle noch gekrönt von zählbaren blonden Strähnchen.


Ein solches Unikum hatte ich mir da dann unfreiwillig geangelt. Da meine Mädels schon heftig turtelnd mit den schöneren Ausgaben auf die Tanzfläche stolperten und auch weil zwei Stunden Verstecken auf dem Klo extrem unhöflich und super oberflächlich gewesen wären, wagte man also das ein oder andere Tänzchen. So gelähmt war ich dann doch nicht. Aber oh Graus, als hätte ich es nicht schon ahnen können, stand natürlich Dorfhochzeits-Foxtrott-Dancestyle auf dem Programm mit dem Saunafachverkäufer.
Aber alles befand sich noch im Level „ertragbar“, speziell in Anbetracht meiner bald eintretenden Revirginisierung.


Brav erzogen wie der Saunaverkäufer war, fragte er am Ende des Abends nach meiner Nummer. Brav erzogen wie ich es bin, gab ich sie ihm.


Was folgte ist altbekannt, SMS hin und her, blablabla. Was dann folgte eher Nuller-Jahre typisch: Das Befreunden im Online-Netzwerk.


Und hier wird es spannend, oder auch typisch männlich.
Der Gute befreundete mich, schaute meine Seite an (nicht inkognito), ich schrieb eine Nachricht und dann....Nichts.
Ich schrieb noch eine Nachricht ‚Haha, wie doof, gucken, aber nicht grüßen, blabla’. Und wieder ein Gucken und: Nichts.


Darauf folgte so ungefähr monatlich ein Besuch seinerseits auf meinem Profil. War mir zu doof, also Entfreundung. Man will ja ergebnisorientiert Nummern verteilen in meinem Alter und sich nicht so eine Flitzpiepe anklotzen. Und was folgte war: weiterhin ein monatlicher Besuch.


Ganz ehrlich, das finde ich so strange:D. Warum macht mann so was?
Vor allen Dingen: ist ja nicht so, dass man den Mister so heiß gefunden hätte – da wurmt es einen ja fast noch mehr, wenn man selbst anscheinend genauso uninteressant sein soll.
Keine Ahnung ob sich da eine Kopfbedeckungtragende Feldstudie lohnt...

Zimtmusik.

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Für Einen

'Die Anderen sind das weite Meer.
Du aber bist der Hafen.
So glaube mir, kannst ruhig schlafen,
ich steure immer wieder her.


Denn all die Stürme, die mich trafen,
sie ließen meine Segel leer.
Die Andern sind das bunte Meer,
Du aber bist der Hafen.


Du bist der Leuchtturm letztes Lied.
Kannst Liebster, ruhig schlafen.
Die Andern...das ist Wellenspiel.


Du aber bist der Hafen.'


Mascha Kaléko