Montag, 4. Juli 2011

Gedankenräume - Kopf(t)räume


Platz ist in der kleinsten Hütte und ein Schloss entsteht im schäbigsten Hinterhof.
Einer von vielen Vorteilen, die Kindesphantasien bergen können.

Viele Plätze bargen in meiner Kindheit die damals noch zahlreichen, unbebauten Grünflächen in der Reihenhaussiedlung, in der ich den Großteil meiner Kindheit aufwuchs. Also, in einem Reihenhaus, nicht auf einer Grünfläche versteht sich...
Diese Grünflächen waren nicht nur nicht bebaut. Die Flora und Fauna wucherte dort buchstäblich vor sich hin. Mit den Freunden aus unserer Straße wurden in diesen hohen Wiesen und Büschen Höhlen erschlossen, Zimmer imaginiert, Wurzel- und Blattsuppen gebraut und gespielt, was das Zeug hielt.
Diese großartigen Plätze waren aber nicht auch gleich der wundervollste Raum, der sich in meiner Kindheit darbot. Meine wertvollste Raumerinnerung entstand in meiner Vorstellung oder in einem Traum.
Was nun zuerst da war, das kann ich gar nicht mehr genau sagen.

Schon damals war ich hin und wieder empfindlich gegen zu häufige zu große Lautstärke, zu viel  Tohuwabohu und hab mich ab und an gerne mit etwas zu lesen oder Malsachen zurückgezogen.

Und – entweder nun im Traum zu Tag oder Nacht oder aber in einer kleinen Phantasiereise  -entdeckte ich in unserem Haus einen dafür großartig geeigneten Schatz.
In der oberen Etage verbarg sich um ein paar Ecken, denn nur so konnte sich dieser Raum auch jahrelang vor mir und den weiteren Bewohnern des Hauses verstecken, eine alte schwere und natürlich geheimnisvolle Holztür.
Auf einer meiner kindlichen Streifzüge entdeckte ich diese Tür, durch deren Ritzen fahl das dahinterliegende, spärliche Sonnenlicht kroch. Staubkörner tanzten in den so entstandenen Lichtkegeln auf der Seite, auf der ich mich noch befand.

Ich öffnete diese Tür und dahinter befand sich ein recht großer Raum mit tiefliegenden Decken und er war gefüllt mit sehr gemütlichem, aber spärlichem Interieur.
So kann ich mich an einen alten, verstaubten, aber dennoch herrlichen, roten Teppich erinnern.
Es gab mehrere tiefe Dachschrägen und der Raum war mit wenig, aber heimeligem Sonnenlicht durchzogen.
Von der Tür gesehen geradeaus sowie auf der linken Seite des Raumes, jeweils eingerahmt von Schrägen, befanden sich zwei runde Fenster mit Kreuzverschlägen. In der Mitte auf dem roten Teppich stand ein urgemütlicher und uralter Ohrensessel  und davor ein kleiner Tisch. Drumherum standen noch mehrere Sitzhocker. Und an der Wand fand sich ein altes Bücherregal. Einige Schätze waren hier schon aufbewahrt worden, leere Flächen im Regal luden ein, sie mit weiteren Lieblingsbüchern zu befüllen.

In meiner Erinnerung war ich selig und überglücklich, diese Stätte der Ruhe und dieses Geheimnis unseres kleinen Häuschens gefunden zu haben. Und diese Vorstellung war zwar meine ganz eigene, dennoch kann ich mich auch daran erinnern, dass ich wenige Freundinnen in mein Geheimnis eingeweiht und sie eingeladen habe, hier eine kleine Kakao- und Keksrunde abzuhalten.


Woran erinnert mich das aus heutiger, 'erwachsener' Sicht?
Es ist schön, dass man seinen Kopf noch für sich ganz alleine hat. Dass man als Kind Räume erfinden konnte, die gar nicht da waren, ohne gleich als verrückt zu gelten.
Vielleicht war dies eine kindliche Version des heutigen „Wellnessurlaubs“. Wenn ich heute unter viel Stress stehe, Termindruck ansteht oder die Welt draußen einfach viel zu laut, zu schnell und zu bunt ist, dann sage ich – und so macht es vielleicht ein mancher - „Ich brauche eine Auszeit.“ oder „Ich muss mal raus hier.“
Was ist dabei genau dieses „hier“? Es ist wohl die oben beschriebene laute, schnelle, bunte, ständig fordernde Umwelt.
Als Kind hatte man, aus verschiedenen Gründen die Möglichkeit, sich diese Auszeit in seiner Fantasie, im Spiel zu suchen.
Dies kommt einem als Erwachsener abhanden. Das muss zu gewissen Teilen wohl auch so sein und ist für das konventionalisierte Leben auch gut so.
Aber seine Auszeit, die braucht man dennoch ab und zu und diese muss man sich auf anderem Wege holen. Und der Kopf, der manchmal viel zu voll ist mit Dingen über die man sich Gedanken macht oder mit Dingen, die zu erledigen sind, der ist für diese Auszeit bereits ausgelastet und scheint nicht mehr geeignet. Andere Lösungen müssen her.
Dabei wünscht man sich vielleicht einfach auch mal die Möglichkeit zurück, dass in den bekannten Räumen auf einmal eine Tür erscheint, hinter der alles ruhig ist oder aber man wünscht sich eine Südseeinsel mit rauschendem Meer, die einfach aus den Kissen des eigenen Bettes aufsteigt oder den Urwald Südamerikas im heimischen Apfelbaum oder ähnliche Möglichkeiten, sich ganz unproblematisch in seine Räume der Ruhe, Fantasie, Kraft, Vorstellung zurückzuziehen.

3 Kommentare:

  1. Halli Hallo, die lecker schmecker gibt es bei uns in einem Feinkostfachhandel ( Tschorn ). Ich könnte mir vorstellen dass du sie bei Edeka auch bekommst :) Liebste Grüße

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  2. Ich habe dir einen Blogaward verliehen.:) <3

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